Die Geschichte Kurtscheids - eine Zeitreise


Begleiten Sie uns durch die wechselvolle Geschichte Kurtscheids!

Vorwort zu Quellen und Daten

Nach dem Stand der heutigen Kenntnisse wird der Ort Kurtscheid am 25. April 1457 mit der Namensform Kurtschyt erstmals erwähnt. Bestätigt wird diese Ersterwähnung durch ein Schreiben des Landeshauptarchivs (LHA) in Koblenz vom 27.11.2012 an die Ortsgemeinde Kurtscheid.

Zeitreise durch die Geschichte

Die Festlegung der „Ersten Erwähnung des Ortes Kurtscheid“ gestaltete sich trotz intensiver Recherchen recht schwierig und stellte eine gewisse Problematik dar. In verschiedenen Chroniken und Schriften zur Heimatgeschichte werden immer wieder unterschiedliche Jahreszahlen von den verschiedensten Heimatkundlern und Autoren genannt, die aber letztlich den endgültigen Beweis schuldig bleiben.

Für die bisherigen Annahmen der Ersterwähnung von Kurtscheid waren insbesondere zwei Urkunden maßgeblich.

Im Mai 1235 übergab Heinrich von Isenburg-Kobern dem Kloster Wülfersberg (bei Gladbach) seine Güter zu „Cutsheid“. Sowohl Dr. H. Gensicke, der beste Kenner der Landesgeschichte des Westerwaldes (Schreiben vom 7. April 1980 an die Gemeinde Kurtscheid), als auch Pfarrer Schug (Dekanat Engers) identifizieren „Cutsheid“ deutlich mit dem Hof Kutscheid (Gemarkung Sessenhausen in der VG Selters), das zum alten Isenburger Besitz gehörte. Gegenteilige Einschätzungen in der Literatur sind auf die große Ähnlichkeit der Namen zurückzuführen.

Am 23. Juni 1314 schenkte die Begine Sophia dem Abt des Klosters Marienstatt ihr Haus in Koblenz, das in der Nähe des Hauses der Kinder von „Curtsheit“ seinen Standort hatte. Bei dieser Marienstätter Urkunde liegt die Schwierigkeit darin, dass nicht mit Sicherheit gesagt werden kann, ob mit „Curtsheit“ überhaupt ein Ortsname verbunden werden kann oder ob es sich um einen Familiennamen handelt und mit dem Terminus „Haus der Kinder“ könnten wiederum die Erben des Hauses gemeint sein. Diese Auffassung des Stadtarchivs Koblenz (Schreiben vom 20.09.2010 an die OG Kurtscheid) stellt eine nachvollziehbare Begründung dar und so sieht man im Fall dieses Dokuments die Unsicherheit als viel zu groß, als dass man die Ersterwähnung darauf stützen dürfte.

Eine Bestätigung der Jahreszahl 1314 wäre für den Ort Kurtscheid sehr interessant gewesen, weil man ja dann im Jahre 2014 eine 700 Jahrfeier durchgeführt hätte.

Weitere Hinweise mit Quellen zu den Erwähnungen sind in einem Beitrag im Heimatjahrbuch 2014 des Landkreises Neuwied (von Heinz-Dieter Wagner, Kurtscheid und Arno Schmidt, Rüscheid) nachzulesen.

Im Folgenden wird die Geschichte Kurtscheids der besseren Übersicht halber in 4 logische Zeitabschnitte unterteilt:

  • Territorialgeschichte (Beginn bis 1500)
  • Reformationszeit (von 1500 bis 1800)
  • Revolution und Kriege (von 1800 bis 1945)
  • Kurtscheid im 20. und 21. Jahrhundert (ab 1945 bis heute)

In diesen Beiträgen sind weitere Quellen aus den Werken von Prälat Jakob Hubert Schütz, Pfarrer Johann Boden und Albert Hardt enthalten

Wir wünschen unseren Besuchern viel Spaß bei der Erforschung der Kurtscheider Geschichte.

Vom Beginn bis 1500

Die heute anerkannte Ersterwähnung von Kurtscheid geht zurück auf eine Urkunde vom 25. April 1457 im Fürstlich Wiedischen Archiv (FWA 52-2-4, No 15) mit der Namensform Kurtschyt.

Gründungsurkunde
Gründungsurkunde

In dieser Urkunde bekennen die Gebr. Hermann und Eberhard von Nuwenstadt (Neustadt) öffentlich, dass sie die Belehnung des Hofes Hagert, zwischen Kurtschyt (Kurtscheid) und der Nuwenburg (Neuerburg), von Wilhelm, Herr zu Reichenstein, als Mannlehen empfangen haben. Weiter ist niedergeschrieben, dass die genannten Gebrüder auch den Zehnden zu Kurtschyt (Zehnten zu Kurtscheid) als Mannlehen empfangen haben.

Im Laufe der Jahrhunderte begegnen uns die verschiedensten Schreibweisen: Kurtschyt, Kortzscheit, Churtschit, Kurtscheidt, Kortscheidt, Cortscheid und Kortscheid.

Nach der geltenden Interpretation der Grenzbeschreibung in der Kastor-Urkunde um 857 (genaue Jahreszahl umstritten) zur Festlegung des Rengsdorfer Zehntbereichs zu Gunsten der Kirche (Hl. Kastor) gehörte auch das Gebiet des heutigen Kurtscheid zu diesem Bereich.

Die Grenzbeschreibung im Raum Kurtscheid lautet: Von der Wied aufwärts bis zur Einmündung des Difonbach (dem heutigen Dombach) und zum Rachinesbach (dem heutigen Rehlsbach) und von dort zur öffentlichen Straße und aufwärts von der Straße bis Hasigerrod (Hof Hagert) und von dort bis zum Selibach (nahe Niederhonnefeld).

Dies wird auch durch weitere mittelalterliche Urkunden belegt. So klagte am 22. Dezember 1477 das Kastorstift Koblenz gegen Hermann Mont, wohnhaft bei der Nuwenburg (Neuerburg), weil dieser sich des Zehnten zu Kortzscheit (Kurtscheid), das der zu St. Kastor gehörenden Pfarrei Rengsdorf einverleibt war, bemächtigt habe. So wurden u. a. die Pfarrer von Linz, Rheinbreitbach und Hönningen dazu aufgefordert, den genannten Herrn unter Androhung der Exkommunikation zur Rückgabe anzuhalten.

Die Zehntabgaben begleiten die Kurtscheider Geschichte weiter über viele Jahrhunderte.

Das 1457 ausgesprochene Mannlehen (erste Erwähnung von Kurtscheid) wurde am 24. Juni 1478 erneuert (FWA 52-2-4, No 10). Da Wilhelm von Reichenstein am 19. November 1474 verstorben war, erfolgte die Verlängerung von seinem Sohn Heinrich von Reichenstein. Heinrich belehnte die Brüder Eberhard und Peter von Neustadt mit dem Hof Hagert und dem Zehnten von Kurtscheid.

Da die Klage des Koblenzer Kastorstiftes von 1477 keinen Erfolg hatte, war es nicht bereit, weiterhin auf den Zehnten von Kortzscheit (Kurtscheid) zu verzichten. Am 8. Februar 1479 klagte es daher nun gegen Elsa, Witwe des Hermann Mont, wohnhaft bei der Nuwenburg (Neuerburg), in der gleichen Angelegenheit ebenfalls mit der Androhung der Exkommunikation. Die Wirkung dürfte ausgeblieben sein, den auch noch in den folgenden Jahrzehnten blieb den Neustädter Mant die Zehntberechtigung zu Kurtscheid erhalten.

Aus der Mitte des 16. Jahrhunderts liegen die letzten Überlieferungen betreffend die Herren von Neustadt und ihren Ansprüchen auf den Zehnten zu Kurtscheid vor: Peter von Neustadt, genannt Mont, hatte sein Haus und seine Hofstelle auf der Neuerburg samt seinen Erbgütern im Amt Neuerburg an den Kölner Erzbischof Hermann verkauft. Hierzu gehörte auch der Zehnte zu Kurtscheid. Am 18. Mai 1539 sicherte der Kölner Erzbischof Hermann von Wied dem Peter von Neustadt, genannt Mont, als Ersatz für den Kurtscheider Zehnten eine Fruchtrente aus zwei Höfen bei Asbach zu (FWA Nr.2768).

Da Zehntabgaben kaum einer Veränderung unterlagen können wir durchaus annehmen, dass schon die Vorfahren der Herren von Reichenstein, die auf der Neuerburg ansässig waren, den Kurtscheider Zehnten beanspruchten. Somit haben wir mit der 1457 ausgefertigten Urkunde einen deutlichen Hinweis darauf, dass Kurtscheid schon im frühen 14. Jahrhundert bestand.

Von 1500 bis 1800

Inzwischen kam die Reformationszeit über das Land. Der Augsburger Religionsfrieden im Jahr 1555 sprach den deutschen Fürsten die Befugnis zu, nach dem Grundsatz „Cuius regio, eius religio" (In wessen Land ich wohne, dessen Religion ich habe) über die Religion ihrer Untertanen zu bestimmen.

Graf Johann IV zu Wied war 1546 zum lutherischen Glauben übergetreten. In der Rengsdorfer Kirche, der Kurtscheid angehörte, wirkte Pfarrer Peter Breit, dem reformerische Gedanken fern lagen. Man versuchte mit rigorosen Mitteln, ihn gefügig zu machen, bis dass er schließlich seiner Versetzung zustimmen musste. Auch Johann von Heyen, der erste evangelische Pfarrer in Rengsdorf und auch seine Nachfolger hatten es noch etwa hundert Jahre lang schwer, die Reformation durchzusetzen.

Kurtscheid war ein Dorf an der Grenze. Kaum war Rengsdorf reformiert, erging an die Kurtscheider die Aufforderung, es dem Pfarrort gleichzutun. Da die Wiedisch / Kurkölnische Grenze mitten durch das Dorf verlief, rissen die Kurtscheider ihre Häuser auf wiedischem Gebiet nieder – das Dorf hatte nur elf – und bauten sie etwas weiter nördlich auf dem Kurkölnischen Gebiet wieder auf, wodurch sie im gesamten Dorf ihren katholischen Glauben bewahren konnten.

Das Dorf zählte nun zu dem Pfarrbezirk Waldbreitbach Trierischen Bistums, aber von nun an auch zu der weltlichen Herrschaft des Erzbischofs (Kurfürsten) von Köln.

Das dörfliche Territorium aber war infolge der Reformation jetzt zweigeteilt, und zwar gehörte der größere Teil mit 380 Hektar zu Kurköln und der kleinere Teil mit 131 Hektar zum wiedischen Land.

Die meisten Felder, Wiesen und Wälder lagen in letzterem Gebiet und mit dem Zehnten davon war man dem Grafen zu Wied abgabenpflichtig. Und die wiedischen Beamten der gräflichen Rentkammer gingen nicht zimperlich mit den Kurtscheidern um, wenn die Abgaben beigetrieben wurden. Als die Kurtscheider spätestens 1631 damit in Rückstand gerieten, forderte der Graf zu Wied zur Beitreibung den Beistand des kölnischen Erzbischofs an, der schon zuvor die Kurtscheider ermahnt hatte, dem wiedischen Grafen die Abgaben pünktlich und in notwendiger Höhe zu zahlen, damit kein Anlass zur Beschwerde bestehe.

Jedoch gingen die Streitereien vor allem um die Weiderechte noch jahrhunderte lang weiter, besonders strittig waren stets die Rechte zwischen Kurtscheid und Bonefeld im Distrikt Mittelheide. Nach dem Dreißigjährigen Krieg baten die Kurtscheider in ihrer Not den kölnischen Herrn, sich ihrer Sache anzunehmen, der auch im gleichen Jahr schriftlich im Sinne der Kurtscheider beim wiedischen Grafen intervenierte. Dieser wies die kurkölnische Einmischung zurück, weil er damit seine „Undsiputierliche Hoheit" in Frage gestellt sah.

Die Reibereien und Verhandlungen nehmen offenbar kein Ende bis die Kurtscheider gegen Ende des 18. Jahrhunderts sich zur jährlichen Zahlung von 24 Reichstalern bereit finden, um für alle Zeiten die Abgabelasten damit abzugelten. Als Amtmann Melsbach – vermutlich auf wiedisches Geheiß – die seinerzeit von den Kurtscheidern verweigerten Abgaben zwischen 1631 und 1691 nachforderte, drohte damit den Einwohnern der Verlust von Haus und Hof. Ein Gericht zu Marburg entschied 1763 den endlosen Streit zugunsten der Kurtscheider, die sich diesmal von dem Anwalt Schrey hatten vertreten lassen.

Im Jahre 1795 kamen die Kurtscheider in große Not, als sie in dem als Folge der französischen Revolution hervorgerufenen Krieg Einquartierungen und Repressalien erdulden mussten. Eine verheerende Viehseuche brachte die Leute um ihre kümmerliche Existenz. In der Not gelobten sie, in jedem Jahr am 1. Mai eine Bitt- und Bußwallfahrt zur Gnadenkapelle nach Verscheid zu unternehmen, ein Gelübde, das bis zum heutigen Tag durchgeführt wird.

Von 1800 bis 1945

Im Jahre 1806 war in der Folge der französischen Revolution das Neuwieder Fürstenhaus (seit 1784 war die wiedische Herrschaft unter Graf Joh. Friedrich Alexander zum Fürstenstand erhoben) als souveränes Fürstentum aufgelöst worden. Nach anschließender neunjähriger Zugehörigkeit zum Herzogtum Nassau fand es nach den erfolgreichen Befreiungskriegen den Anschluss an das Königreich Preußen innerhalb der neu gebildeten Rheinprovinz.

Da das Fürstentum als Ausgleich der Gebietsverschiebungen von 1806 die Ämter Altenwied und Neuerburg erhalten hatte, die vor der Mediatisierung zum Kurfürstentum Köln gehörten, unterstanden die Kurtscheider also nach über zweieinhalb Jahrhunderten wieder dem wiedischen Fürstentum.

Mitte des 19. Jahrhunderts gab es einige Fortschritte in der Gemeinde. Nachdem in Preußen im Jahr 1825 der allgemeine Schulzwang eingeführt war und Gemeinden ab der Größe einer Hunschaft aufgefordert waren, für eigene Schulhäuser zu sorgen, folgten dem auch die Kurtscheider und bauten 1834/1835 im Oberdorf das erste Schulhaus.

In diese Zeit fiel auch das Bemühen, sich von der Mutterpfarrei Waldbreitbach zu lösen, und 1842 bis 1844 wurde anstelle der Kapelle im Oberdorf eine Kirche errichtet. Zuvor hatte der Fürst zu Wied auf ein Bittgesuch hin „eine allgemeine Haus- und Kirchenkollekte bei allen Bewohnern des Fürstlichen Gebietes ohne Unterschied der Konfession" gestattet.

Im Jahr 1842 wurde auch „auf der Hüh" der Gemeindeeigene Friedhof angelegt, der später mehrfach erweitert werden sollte.

Im Revolutionsjahr 1848 übergab der Fürst zu Wied die politische Herrschaft über sein Fürstentum dem Preußischen König (Friedr. Wilh. IV). Standes- und Vermögensrechte sowie einige Privilegien blieben ihm erhalten. Die Kurtscheider bekamen somit einen neuen Landesherren und wurden Preußen.

Das Jahr 1853 schloss der Gemeindeetat in Einnahmen und Ausgaben mit 559 Taler ab. Das Dorf zählte laut diesem Etat 310 Einwohner, aber auch 3 Pferde, 27 Zugochsen, 92 Milchkühe, 13 Schweine, 15 Ziegen und 2 Zuchtstiere. Zum Gemeindeeigentum gehörten auch ein Brandweiher, 4 Brunnen, 2 Feuerleitern, sowie 3 Feuerhaken und 60 Feuereimer.

Bei damals 60 Wohnhäusern einschließlich der Escherwiese und einem Steigerhaus an der Bilsheck waren die Feuereimer in der Anzahl damit identisch. Die Gemeinde bediente sich eines Gesetzes aus der Zeit vor Napoleon, um sich von jedem Neubürger als „Eintrittsgeld" einen solchen Feuereimer (aus Leder) bezahlen zu lassen.

Als Folge des Ersten Weltkrieges 1914 – 1918 starben 17 junge Männer als Soldaten. In den beiden letzten Kriegsjahren nahmen Kurtscheider Familien 37 unterernährte Kinder aus den Städten Köln, Essen uns Gelsenkirchen auf. Nach dem Waffenstillstand am 9. November 1918 rückten kurz vor Weihnachten die amerikanischen Eroberer im Dorf ein, die aber bereits im Mai 1919 wieder abzogen.

Im Jahre 1920 erlebte das Dorf erstmalig die Segnungen der Elektrizität, denn mit dem Anschluss an das öffentliche Stromnetz erhielt es das elektrische Licht.

Mit diesen Voraussetzungen gab es fünf Jahre später endlich das ersehnte Wasser aus dem Rohrleitungsnetz, denn 1925 wurden am Bleichpool, südlich des Dorfes, Wasserquellen gefasst. Das Wasser wurde zum tiefer liegenden neu erbauten Pumpwerk „In der Breiten Wiese" befördert und von dort aus in den Hochbehälter gepumpt, der im „Hüh Heckelchen" stand, in der Nähe des 1958 erbauten neuen Wasserturmes.

Panzer
Amerikanischer Panzer bei der Einnahme von Kurtscheid am 23. März 1945 in der Neue Straße

Der zweite Weltkrieg hatte für Kurtscheid furchtbare Auswirkungen. Es verloren 21 Soldaten (gefallen und vermisst) das Leben. Das Dorf selbst erlitt das Schicksal eines besonders verheerenden Artilleriebeschusses seitens der Amerikaner wohl deshalb, weil es wegen seiner Höhenlage bei Freund und Feind als strategischer Punkt galt. Bereits am 9. März schlugen Granaten im Oberdorf ein, am 13. März und an folgenden Tagen im übrigen Dorf. Viele Leute waren frühzeitig in den Wald und in ehemalige Erzstollen geflüchtet.

Entsetzen brachte die Nachricht, dass am 23. März 1945 in zwei Kellern im Unterdorf insgesamt 25 Frauen, Männer und Kinder durch explodierende Artilleriegranaten sterben mussten, zwei Frauen davon kamen aus Irlich und waren hierhin geflüchtet. Schwerverletzte wurden von den am gleichen Tag gegen Abend einrückenden Amerikaner in das Linzer Krankenhaus gebracht. Die Toten wurden am nächsten Tag unter primitivsten Bedingungen im so genannten Massengrab auf dem Friedhof beigesetzt.

Massengrab
Massengrab vom März 1945

1945 bis 1973

Nach den Kriegstragödien blieb die Bilanz, dass das Dorf (unterschiedliche Schätzungen) zu 70 bis 80% zerstört war. In der unmittelbaren Nachkriegszeit brauchte niemand Hunger leiden, denn es gab im landwirtschaftlich geprägten Dorf noch immer etwas zu essen. Der Wiederaufbau ging zügig voran.

Man fand schnell wieder Beschäftigung, zum Beispiel bei Rasselstein und in der Bimsindustrie, was die vielen Dacheindeckungen von Häusern und Scheunen mit „Rasselsteiner Blech" erklärt, sowie die schnelle Versorgung mit Bimssteinen. An letzterem hatte der damalige Pastor Alfons Hoffman, der sich überhaupt in der Kriegs- und Nachkriegszeit große Verdienste erworben hatte, einen erheblichen Anteil.

Die große Zerstörung und der schnelle Wiederaufbau ist wohl auch der Grund dafür, dass man heute keine Fachwerkhäuser mehr sieht, die bis dahin, wie überall in den Westerwalddörfern, dominierend waren. Das Wohnhaus des Bauunternehmers Wilhelm Schrott in der Rosenstrasse bildet eine Ausnahme, zumindest die Hofgebäuden sind erhalten geblieben und die gekerbte Inschrift auf einem Balken in der Scheune zeugt vom Baujahr 1694.

Die Währungsreform im Juni 1948 initiierte wie überall auch hier den Handel und Wandel und schon bald war von den Kriegsschäden nichts mehr zu erkennen. Auch die zerstörte Schule im Unterdorf wurde wieder hergerichtet und konnte Ende 1949, genau 50 Jahre nach ihrer Entstehung, wieder bezogen werden.

Ab 1955 begann die Ansiedlung der Gewerbebetriebe. Mit dem allmählichen Rückgang des Kurbetriebes und der landwirtschaftlichen Erwerbsbetriebe kam die von der Ortsgemeinde konsequent geförderte Gewerbeansiedlung über die nächsten Jahrzehnte gerade recht und sicherte ein reges Erwerbsleben. (Informationen hierzu finden sich in unserer Wirtschaftschronik).

Frühzeitig schon waren alle Häuser des Dorfes an das Abwasser-Kanalnetz angeschlossen und 1963 konnten die Kurtscheider die erste Mechanisch-Biologische Kläranlage des Kreises Neuwied vorzeigen. (Seit 1998 gehen die Abwässer – mit Ausnahme der von der Escherwiese – in die Gruppenkläranlage Dazeroth).

Im gleichen Jahr wurde die Grundschule im Weidenbruch eingeweiht, wodurch der schulische Schichtbetrieb endgültig der Vergangenheit angehörte. Der Bau von Jugendheim und Kindergarten in der Trägerschaft der kath. Kirchengemeinde erfolgte in den Jahren 1969/1970.

Am 1. März 1968 wurde dem langjährigen Ortsbürgermeister Lorenz Becker durch die Hand von Landrat Oster das Bundesverdienstkreuz verliehen, zwei Jahre später erhielt die ehemalige und verdienstvolle Gemeindekrankenschwester Agnes Wittlich die gleiche Ehrung.

Ab 1970 hatte sich Kurtscheid im Zuge der Rheinland-Pfälzischen Verwaltungsreform von der Verbandsgemeinde Neuerburg (Waldbreitbach) gelöst und wurde in die Verbandsgemeinde Rengsdorf-Waldbreitbach eingegliedert. Die Gemeindeverwaltung hatte vorher eine Bevölkerungsumfrage gestartet, nach deren Ergebnis sich fast 2/3 der Dorfbewohner (63,23%) für Rengsdorf entschieden.

In diesen Jahren bewegte sich überhaupt vieles in der Gemeinde. Die Friedhofskapelle/ Leichenhalle wurde 1970 gebaut, die Erschließung der Neubaugebiete „Zäunchen" und „Weidenbruch" auf den Weg gebracht. Drei Jahre später schon wurden, um den Bauwünschen vor allem Kurtscheider Bürger nachzukommen, die Bebauungspläne für die Lagen „Neuwiese" und „Tiergarten" in Auftrag gegeben.

Kurtscheid vergrößerte sich in diesen Jahren schnell. Die Waldstrasse war längst voll bebaut. Zählte das Dorf noch 1946 einschl. der Escherwiese 90 Wohnhäuser, so waren es 1973 bereits 212. Gleichzeitig warteten insgesamt nicht weniger als 110 Grundstücke auf ihre Bebauung, ein Umstand, der die Baulandpreise im Dorf erschwinglich bleiben ließ.

Diese Entwicklung mit vielen neuen Wohnstrassen machte auch deren Taufe erforderlich, weshalb mit einer Umfrage die Kurtscheider um Namensvorschläge gebeten wurden. Es kamen fast 800 Ideen zusammen und die meist genannten führten zu den neuen Namen der 15 neuen Straßen.

1973 bis 2002

Sommer des Jahres 1973 musste die Kurtscheider Grundschule das Schicksal mit anderen einzügigen Dorfschulen teilen und wurde aufgelöst. Die Kinder der Unterstufe wurden in die zentrale, zweizügige Schule in Rengsdorf eingegliedert, die Oberstufe kam zur Hauptschule in Waldbreitbach.

Die Schule im Weidenbruch, die nunmehr nach nur zehn Jahren schon ausgedient hatte, wurde 1976 planerisch in den Bau der so genannten Mehrzweckhalle für sportliche und gesellschaftliche Nutzung integriert. Der Bedarf für das Dorf, das inzwischen fast 1000 Einwohner zählte, war unbestritten und erstmals an Karneval 1977 bestand die neue Halle, die seit 1985 den Namen „Wiedhöhenhalle" trägt, ihre Bewährung.

Im Jahre 1976 entstand auch im Herzen des Dorfes die Dorfanlage „Kornbitze" mit großzügigem Kinderspielplatz.In den Jahren 1981/1982 erhielt das Dorf den Gasnetzanschluss.

1986 beteiligt sich die Gemeinde erstmalig an dem Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden" und errang auf Anhieb den 2. Platz in der Kreiswertung.

Am 12. Juni 1988 feierte man die Einweihung des neu errichteten Brunnen an der Kirche in Verbindung mit einem Kinder- und Gemeindefest.

Die ansprechend gestaltete Anlage ist mit Steinen aus dem gleichen Kurtscheider Steinbruch gebaut, wie die ehemalige Kirche von 1842 – 1960. Die beiden Grundsteine dieser Kirche (Bau 1842 und Erweiterung 1922) sind in der Brunnenwand eingemauert.

Nach dem Bau dieser schönen Brunnenanlage und zahlreicher anderer Maßnahmen wagte man es 1989 nochmals, sich dem Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden" zu stellen.

Die Freude war groß, als bekannt wurde, dass Kurtscheid diesmal sogar Kreissieger geworden war.

Vierzehn Jahre war Edmund Hardt Wehrführer in Kurtscheid. Seit der Nachkriegszeit hatte er zahlreiche Spielzeug- Feuerwehrautos gesammelt und andere Modellspielzeuge mehr. Über 2000 Exemplare waren es am Schluss, die er auf Auktionen, Börsen, Versteigerungen und Flohmärkten zusammengeschachert hatte, um sie im Sommer 1992 Kindern und Erwachsenen zugänglich zu machen. Für ihn selbst ging nach seinen Worten sein größter Wunsch in Erfüllung, als er in der Rosenstrasse das Spielzeugmuseum eröffnete. Leider konnte es infolge seines Todes im Januar 2001 nicht weitergeführt werden und verwaiste.

Im November 1992 wurde der neue Rad- und Fußweg entlang der L 257 von der Industriestrasse aus bis zum Birkenhof seinen Bestimmungen übergeben. Die Fortführung bis zur B256 wurde in den Jahren 2005/2006 im Zuge des Ausbaues der L 257 realisiert, wie auch der Rad- und Fußweg vom Dorfausgang bis zur Industriestrasse.

Noch einmal schaffte die Gemeinde Kurtscheid die Voraussetzung für eine enorme Dorfvergrößerung, nämlich 1999 mit dem Neubaugebiet „Auf'm Birnbaumstück", das 48 Bauplätze für Ein- und Zweifamilienhäuser bietet. An der rasch wachsenden Bebauung kann man die große Nachfrage in diesem attraktiven Wohngebiet erkennen.

Im November 2001 konnte die neue Pflanzenkläranlage Escherwiese fertiggestellt werden. Mit dieser Anlage, die ohne Fremdenergie und mit einem hohen Wirkungsgrad arbeitet, konnte nunmehr die Flächenkanalisation Kurtscheid komplett abgeschlossen werden.

Die ersehnte Fertigstellung des Rad- und Gehweges entlang der K 91 wurde 2002 Realität. Damit wurde ein hervorragender Verbindungsweg zwischen Kurtscheid und Ehlscheid erschlossen. Das Werk wurde gekrönt durch eine Baumreihe, die entlang dieses fast ein km langen Weges von Ratsmitgliedern und Kurtscheider Bürgern an zwei Samstagen gepflanzt wurde.

2006 - 2013

Ab 2006 wurde mit einer Verschönerung der Ortseingänge begonnen. Es wurden neue Begrüßungsschilder aufgestellt und schöne Rosenbeete an den Ortseingängen gepflanzt. Im Dachgeschoß der Wiedhöhenhalle wurde für unsere Jugend investiert und so entstand ein sehr schöner Jugendraum, der auch intensiv genutzt wird.

Im Jahr 2007 wurde das total marode Haus Hochstraße 16 kostengünstig erworben und abgerissen. Die Fläche wurde eingeebnet und mit einer wassergebundenen Decke versehen und wird als Parkplatz genutzt. Ebenfalls wurde in diesem Jahr eine Generalsanierung der Wiedhöhenhalle durchgeführt. Es wurde eine neue Hallendecke mit einer starken Dämmschicht eingebaut und alle Außentüren wurden erneuert und mit Panikschlössern versehen. Auch ein Internetauftritt wurde in 2007 gestartet.

Bei der Teilnahme am Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft" im Jahre 2008 erhielt Kurtscheid den „Sonderpreis für vorbildliche Jugend- und Vereinsarbeit.

Am 12.09.2009 war es soweit, der Anbau der Kindertagesstätte „Kunterbunt" wurde fertig gestellt und eingeweiht. Durch die Einrichtung einer 4. Gruppe wurde die Unterbringung von Kindern ab 2 Jahre möglich und auch der Rechtsanspruch für eine Unterbringung der Kinder ab einem Jahr ab August 2013 kann in Kurtscheid voll erfüllt werden.

Im Jahr 2012 wurde die Ampel für unser Dorf auf Zukunft gestellt, Kurtscheid erhielt „Schnelles Internet" mit einer Übertragungsgeschwindigkeit von 50 Megabit pro Sekunde. Die Maßnahme „Erweiterung der Dorfanlage Kornbitze" mit Parkplatz wurde fertig gestellt.

Der provisorische Parkplatz wurde geordnet und nach optischen, ökologischen und dörflichen Gesichtspunkten befestigt und eingegrünt. Durch die Gestaltung einer Durchfahrmöglichkeit vom Parkplatz zum Festbereich (Pavillon, ect.) wurde eine verbesserte Anbindung ermöglicht.

Es wurde die Einrichtung von Versorgungsanschlüssen für Wasser und Strom (Energiesäule) und Abwasser im Nahbereich von Festplatz und Toilettenwagen geschaffen.

Kurtscheid wurde in diesem Jahr auch als Investitions- und Maßnahmenschwerpunkt anerkannt und erhielt gleichzeitig eine Förderzusage für den Abriss des maroden Hauses Dorfstraße 1. Am 23.03.2012 wurde in Mainz von Innenminister Roger Lewentz offiziell das Anerkennungsschreiben an Ortsbürgermeister Heinz-Dieter Wagner und die Beigeordneten übergeben.

Das marode „Kleins Haus" – Dorfstraße 1 war von der Ortsgemeinde schon 2011 erworben worden und wurde nun in 2012 mit Fördermittel des Landes abgerissen. Mit der Anerkennung als Schwerpunktgemeinde war auch die Förderung für die Neufassung des Dorfentwicklungskonzeptes möglich. Da das alte Dorferneuerungsprogramm über 20 Jahre alt und überholt war, wurde vom Gemeinderat die Neufassung des Ortentwicklungskonzeptes beschlossen.

Auch der Dorfbrunnen an der Kirche wurde saniert, da die Fläche vor dem Brunnen verschlammt und unansehnlich geworden war, wurde diese wartungsarm mit Natursteinen wie Basaltlava und Sitzblöcke aus Grauwacke schön gestaltet.

Im Juni 2013 wurde das neue Feuerwehrhaus eingeweiht.

Die Feuerwehr hat nun optimale Bedingungen für die Ausbildung und für die Einsätze.

Auch unsere Jugendfeuerwehr hat nun eine gute Unterkunft, um eine ordnungsgemäße Ausbildung und Unterrichtung zu gewährleisten. Für diese Anlage wurde von der Ortsgemeinde das Grundstück zu Verfügung gestellt.

Das neue Ortsentwicklungskonzept ist weiter in der Beratung und wird im Herbst 2013 verabschiedet werden.

Für die Platzgestaltung Dorfstraße 1 wurde im Juni vom Gemeinderat ein Förderantrag beschlossen. Vorgesehen ist, eine gepflasterte Fußwegeverbindung zwischen Hoch- und Dorfstraße zu schaffen. An der Hochstraße soll eine gepflasterte Multifunktionsfläche entstehen, die jedoch auch weiter als Parkplatz genutzt werden kann. In der Mitte des Platzes soll eine kreisförmige mit Natursteinen gepflasterte Fläche ausgebaut werden, die einen Gedeckstein enthält. Auf dem Gedenkstein sollen einige wichtige geschichtliche Ereignisse von Kurtscheid abgebildet werden.

An den Rändern sollen pflegeleichte Kiesbette mit entsprechender Bepflanzung entstehen. Zwei Ruhebänke und eine Informationstafel mit einer knappen Darstellung der Kurtscheider Ortsgeschichte sind ebenfalls geplant.


Zurück zur Übersicht

Kurtscheid ist die höchtgelegene Gemeinde im Kreis Neuwied mit 400 m (NN) und liegt inmitten des 446 qkm großen Naturpark Rhein-Westerwald auf einer für den Niederwesterwald typischen welligen Hochfläche.

Kurtscheid im Naturpark Rhein-Westerwald

Kurtscheid im Naturpark Rhein-Westerwald
Kurtscheid im Naturpark Rhein-Westerwald