Geschichte der Wasserversorgung in Kurtscheid


Geschichte der Wasserversorgung in Kurtscheid Teil1

"Wasser ist zum Waschen da!"

...sang die „gesamte Republik“ im Jahre 1956! Locker, verschmitzt lächelnd und vielleicht auch etwas gedankenlos wurde im Schlager der Umgang mit dem Wasser besungen. Für uns steht diese „Lebensquelle“ täglich in ausreichender Menge und auch überall zur Verfügung.
Vor gerade einmal zwei Generationen war das im Dorf noch anders:

  • Wie versorgte sich unsere Bevölkerung vor einhundert Jahren mit Wasser?
  • Was änderte sich in den vergangenen einhundert Jahren?
  • Wie kann es sein, dass wir im Dorf keinen Wasserturm mehr brauchen und der Gemeinderat das vorhandene Bauwerk zu einem Aussichtsturm umbaute?

Blicken wir also zurück!

Karte von Johann Hardt
Die abgebildete Karte (Zeichnung von Johann Hardt (1876 – 1963) zeigt die Ortslage Kurtscheid im Jahre 1857. Eingezeichnet sind fünf, für die Bevölkerung öffentlich zugängliche Brunnen

Standorte der Brunnen:

  • Kreuzung Ecke Kirchstraße – Gartenstraße (heute noch vorhanden aber abgedeckt (siehe Foto!))
  • Brunnen ungefähr in der Mitte der Dorfstraße ( nahe Hofeinfahrt Zimmermann Hausnummer 6)
  • Kreuzung Dorfstraße – Neue Straße (auf der Karte ist noch die ehemalige Gestaltung mit einem Dorfkreuz zu sehen)
  • zwei öffentliche Brunnen im Ortsteil Escherwiese
Brinks haus mit Brunnen

Neben diesen Brunnen gab/gibt es noch einige private Brunnen im Hof oder im Haus der Grundstückseigentümer. Alle Einwohner, die nicht über einen eigenen Brunnen im oder vor dem Haus verfügten, mussten den Wasserbedarf für Mensch und Tier dutrch die öffentlichen Brunnen abdecken.

Sicher traf man sich beim mühsamen „Wasserholen“ auch gerne zu einem kleinen Plausch oder die Jugend am Abend zum Spiel oder zum „Aushecken“ manchen Schabernacks. Der Brunnen im Dorf war im Leben der Dorfbewohner überall in den „Deutschen Landen“ so wichtig, dass der Dichter Wilh. Müller diesen Dorfmittelpunkt 1822 in seinem Gedicht „Am Brunnen vor dem Tore…“ (1827 vertont von Franz Schubert) besang.

Mit der Zunahme der Bevölkerung - um das Jahr 1900 hatte Kurtscheid ungefähr 380 Einwohner – wurde die gleichbleibende, sichere und gesunde Wasserversorgung zu einer wesentlichen Aufgabe des damaligen Gemeinderates. In seiner Sitzung vom 12. Januar 1926 wurde erklärt: „Die Gemeinderatsvertretung ist mit dem …-Vorschlag des Kulturbauamtes Koblenz vom 25.11.25 No 2173 zum Wasserleitungsprojekt Kurtscheid einverstanden.“

Erklärung Gemeindevertretung
Auszug Niederschrift zur Gemeinderatssitzung vom 12.01.1926

Am 28. August 1926 kam es zum folgenden Ratsbeschluss:
„Der Bau der Wasserleitung Kurtscheid mit sofortigem Baubeginn wird beschlossen, die Arbeiten werden ausgeschrieben.“ (geschätzte Kosten ca. 35.ooo Mark).

Ratsbeschluss
Auszug Ratsbschluss zum Ausbau der Wasserleitungen vom 28.08.1926

Die Zwischenzeit von den ersten Überlegungen im November 1925 bis zum Beschluss Ende August 1926 wurde genutzt, um Ideen zum Bau eines Hochbehälters reifen zu lassen.

Aus heutiger Sicht, da die Gemeinde den mit Backsteinen gebauten „alten“ Wasserturm mit einer Aussichtsplattform versehen hat, war der erste Entwurf von 1926 sehr erstaunlich und überraschend. Geplant und gezeichnet wurde ein Wasserturm mit Aussichtsplattform in einer Gesamthöhe von fast 20m.

Planung Wasserturm
Laut Planung fügte sich der Turm ansprechend in die Dorfansicht ( Einfahrt zum Dorf aus Niederbreitbach kommend) ein.
Schnittzeichnung

Die weiteren Überlegungen zeigten, dass das Projekt „Wasserleitungsbau in Kurtscheid 1926“ wohl nicht von der gesamten Bevölkerung mitgetragen wurde. Längst nicht alle Familien waren bereit, sich an die neue Wasserversorgung anschließen zu lassen.
Schließlich sollte der Wasserverbrauch durch Wasseruhren gemessen und die Abnehmer zur Zahlung der Kosten für das Wasser und die Unterhaltung verpflichtet werden. Für etwas zu bezahlen, was bis dato kostenlos zu bekommen war, sahen wohl nicht alle Familien ein.

Auch im Gemeinderat muss es sicher hoch hergegangen sein, denn die Planung eines Wasserturmes mit Aussichtsplattform wurde am 11. Dezember 1926 in der Ratssitzung abgelehnt.
„Die Gemeindevertretung ist der Ansicht, von dem Bau eines Wasserturmes Abstand zu nehmen. Dafür … einen Hochbehälter von etwa 20 cbm Inhalt mit Holzverschalung zu beschaffen."

Dokument zur Gemeinderatssitzung
Auszug Niederschrift Ratsbeschluss zur Ablehnung eines Wasserturms vom 11.12.1926

Hochbehälter 1926
Erster Hochbehälter von 1926 mit einem Fassungsvermögen von ca. 20cbm.

Geschichte der Wasserversorgung in Kurtscheid Teil2

Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und dem starken Zuwachs an „Sommerfrischlern“, die auch in der heimischen Gastronomie Unterkünfte mit „fließendem Wasser in jedem Zimmer“ suchten, wurde der Neubau eines Wasserturmes immer dringender.
Besonders in heißen Sommertagen reichte das Fassungsvermögen des Hochbehälters nicht aus.

Der neue Wasserturm – ein Rundbau aus Ziegeln – wurde 1956 mit einer Speicherkapazität von 150 cbm erbaut und seine Inbetriebnahme mit einem Wasser- und Lichterfest von der Bevölkerung gefeiert. Bis zum Jahre 1986 wurde Kurtscheid aus eigenen Quellen (Brunnen „Hack“, „Unterer Kalter Seifen“ und der „Quelle Kurtscheid“) über diesen Wasserturm versorgt.

Mit der Fertigstellung des Hochbehälters „Kurtscheid - Bonefeld“ verlor der Wasserturm am Kindergarten seine Bedeutung und diente letztlich den VG-Werken als Lager.
Die Rückübertragung des Wasserturms an die Ortsgemeinde machte den Weg frei, einen Aussichtsturm, ähnlich wie bereits 1926 angedacht, am bestehenden Bauwerk zu planen
Der Wasserturm heute

Wasserturm
Neuer Wasserturm

Der neue Hochbehälter in der „Mittelheide“ hat ein Fassungsvermögen von ca. 800 cbm; täglich werden ca. 500 cbm in das Leitungsnetz abgegeben. Die Versorgung der Bevölkerung und der Gewerbebetriebe ist so zukunftsweisend gesichert.

Text: Günter Wittlich

Hochbehälter
Hochbehälter Kurtscheid-Bonefeld

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Kurtscheid ist die höchtgelegene Gemeinde im Kreis Neuwied mit 400 m (NN) und liegt inmitten des 446 qkm großen Naturpark Rhein-Westerwald auf einer für den Niederwesterwald typischen welligen Hochfläche.

Kurtscheid im Naturpark Rhein-Westerwald

Kurtscheid im Naturpark Rhein-Westerwald
Kurtscheid im Naturpark Rhein-Westerwald